Archiv der Kategorie: Rechtsprechung

OLG Hamm: Rechtskräftig verurteilter Mörder ist erbunwürdig

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.07.2023 – Urteil vom 27.10.2023 – 10 U 28/19

Der für das Erb- und Landwirtschaftsrecht zuständige 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat über die Berufung eines strafgerichtlich rechtskräftig verurteilten Mörders in einem Verfahren wegen Erbunwürdigkeit entschieden. Dieser wollte die strafgerichtlichen Feststellungen zu seiner Täterschaft im erbrechtlichen Verfahren nicht gegen sich gelten lassen.

Der Beklagte wurde im Mai 2017 wegen heimtückischen Mordes an seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau vom Landgericht – Schwurgericht – Bielefeld zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist seit Februar 2018 rechtskräftig. Die Revision des Beklagten wurde durch den Bundesgerichtshof als unbegründet verworfen. Zwei Wiederaufnahmeanträge des Beklagten blieben über beide Instanzen erfolglos.

Nach dem rechtskräftigen Strafurteil hat der Beklagte sich am Morgen des 15. September 2016 vor dem Haus seiner Ehefrau in Bielefeld versteckt. Er war mit einer Sturmhaube maskiert und führte eine Schrotflinte bei sich. Als die Ehefrau das Grundstück in ihrem Fahrzeug verließ, trat der Beklagte aus seinem Versteck hervor und gab einen Schuss auf den Wagen ab. Hierdurch verlor die Ehefrau die Kontrolle über das Fahrzeug. Als dieses zum Stillstand kam, trat der Beklagte an die Fahrertür heran. Mit zwei weiteren Schüssen zerstörte er die Scheibe und tötete seine Ehefrau.

Das Schwurgericht hat sich in einer Gesamtwürdigung aller Indizien von der Täterschaft des Beklagten überzeugt, der ein nachvollziehbares Tatmotiv hatte und mit den Örtlichkeiten und Gewohnheiten seiner Ehefrau vertraut war, um eine günstige Tatgelegenheit abzupassen. Er hatte als Jäger Zugang zu Waffen und war mit deren Umgang vertraut. Als wichtigste Indizien hat das Schwurgericht die DNA-Spuren des Beklagten an den am Tatort gefundenen zwei Patronenhülsen, der Sturmhaube und einem Langwaffen-Futteral angesehen.

Weiterlesen

OLG Hamm: Wie errichtet man ein gültiges Dreizeugentestament?

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 19.07.2023 – Beschluss vom 01.12.2022 – 10 W 75/22

Der für das Erb- und Landwirtschaftsrecht zuständige 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte in einem landwirtschaftsrechtlichen Verfahren über ein Nottestament vor drei Zeugen zu befinden.

Kann aufgrund naher Todesgefahr ein Testament nicht mehr vor dem Notar und als Nottestament vor dem Bürgermeister errichtet werden, so kann der Erblasser sein Testament mündlich vor drei Zeugen erklären (sogenanntes Dreizeugentestament). Hierüber muss eine Niederschrift gefertigt werden, die dem Erblasser vorzulesen ist und die dieser genehmigen und grundsätzlich selbst unterschreiben muss. Im Falle der Schreibunfähigkeit reicht die Unterschrift durch die Zeugen.

Um die Frage der wirksamen Errichtung eines solchen Dreizeugentestaments ging es in einem vom Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Schwelm und dem Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Hamm entschiedenen Fall.

Weiterlesen

OLG Hamm: Testament: Der Lebensgefährte darf nicht ins Haus!?

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.07.2023 – 10 U 58/21

Der für das Erb- und Landwirtschaftsrecht zuständige 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte über die Wirksamkeit einer testamentarischen Bedingung zu entscheiden, die ein Hausverbot für den Lebensgefährten der Erbin vorsah.

Die Klägerin erbte als einzige Tochter ihrer verstorbenen Mutter im Wesentlichen ein Hausgrundstück mit einem freistehenden Einfamilienhaus in Bochum, das sich seit Jahrzehnten im Eigentum der Familie befand und in dem die Mutter in einer und die Tochter mit der Enkelin (bis zu deren Auszug 2016) in einer weiteren Wohnung lebten. Die Enkelin wurde als Miterbin eingesetzt. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter hatte eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft, ging aber in dem Haus ein und aus, war der Ziehvater der Enkelin und nahm im Haus auch Reparaturen vor. Es gab zu keiner Zeit Streit oder ein Zerwürfnis und man lebte wie eine Familie zusammen. In dem notariellen Testament, in dem die Tochter und die Enkelin als Erbinnen eingesetzt wurden, waren hierfür allerdings zwei Bedingungen formuliert. Zum einen war es den Erbinnen untersagt, das Grundstück an den Lebensgefährten der Tochter zu übertragen. Zum anderen sollten die Erbinnen dem Lebensgefährten auf Dauer untersagen das Grundstück zu betreten. Zur Überwachung des Betretungsverbots wurde der Beklagte als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Er sollte die Immobilie bei einem Verstoß gegen die Bedingung veräußern, wobei der Erlös zu ¼ der Tochter, einem ¼ der Enkelin und im Übrigen gemeinnützigen Zwecken zukommen sollte.

Die beiden Erbinnen verlangten vor dem Landgericht Bochum die Feststellung, dass die Bedingung des Betretungsverbots nichtig sei, weil sie dieses für sittenwidrig hielten. Das Verbot, das Grundstück an den Lebensgefährten zu übertragen, akzeptierten sie. Das Landgericht Bochum gab der Klage statt und erklärte das Betretungsverbot wegen Sittenwidrigkeit für ungültig. Hiergegen wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung an das Oberlandesgericht Hamm.

Weiterlesen

BVerfG: Erfolgreicher Eilantrag gegen die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens zum Gebäudeenergiegesetz

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 63/2023 vom 05.07.2023 – Beschluss vom 05.07.3034 – 2 BvE 4/23

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts dem Deutschen Bundestag aufgegeben, die zweite und dritte Lesung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung“ (im Folgenden: Gebäudeenergiegesetz) nicht innerhalb der laufenden Sitzungswoche durchzuführen. Der Antragsteller, ein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, sieht sich durch das Gesetzgebungsverfahren in seinen Rechten als Mitglied des Deutschen Bundestages verletzt.

Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in der Sache Erfolg. Der Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheint jedenfalls mit Blick auf das Recht des Antragstellers auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die demgemäß vom Bundesverfassungsgericht vorzunehmende Folgenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen. Unter den besonderen Umständen des Einzelfalls überwiegt das Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gegenüber dem Eingriff in die Verfahrensautonomie des Deutschen Bundestages, der die Umsetzung des Gesetzgebungsverfahrens lediglich verzögert.

Die Entscheidung ist mit 5:2 Stimmen ergangen.

Weiterlesen

LAG Niedersachsen: Arbeitsgericht Hildesheim – Anrechnung von Provisionen auf das auszuzahlende Mutterschaftsgeld während eines Beschäftigungsverbots

Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 03.07.2023 – Urteil vom 20.02.2023 – 2 Ca 27/22

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat die erstinstanzliche klagabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 24.08.2022 zum Aktenzeichen 2 Ca 27/22 durch Urteil vom 20.02.2023 bestätigt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin war als Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten beschäftigt und erzielte neben fixen Bezügen variable Vergütungsbestandteile. Die Parteien stritten über die Frage, ob die von der Klägerin erworbenen Provisionsbeträge auf das während einem angeordneten Beschäftigungsverbot von der Arbeitgeberin ausgezahlte Mutterschaftsgeld anzurechnen waren.

In seinen Entscheidungsgründen führte das Landesarbeitsgericht u.a. aus, dass Provisionen, die erst während eines ärztlichen Beschäftigungsverbots nach § 16 MuSchG i.d.F. vom 23.05.2017 fällig werden, nur dann und nur in dem Umfang zur Auszahlung kommen, wie sie den nach § 18 Satz 2 MuSchG errechneten Mutterschutzlohn übersteigen. Die zugelassene Revision ist nicht eingelegt worden.

VerwG Münster: Stadt Münster muss trotz fehlender Kapazitäten Kita- oder Tagespflegeplatz nachweisen

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Münster vom 09.06.2023 – Beschluss vom 07.06.2023 – 6 L 409/23

Das Verwaltungsgericht Münster hat mit heute bekannt gegebenem Beschluss vom 7. Juni 2023 der Stadt Münster im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, einem unter dreijährigen Kind ab dem 1. August 2023 einen Betreuungsplatz zur frühkindlichen Förderung mit dem Umfang von 45 Stunden wöchentlich in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflegestelle zur Verfügung zu stellen, der in nicht mehr als 30 Minuten von der Wohnung des Kindes erreichbar ist.

Die Eltern des am Stadtrand Münsters wohnenden Kindes hatten im Mai 2022 den Betreuungsbedarf zum 1. August 2023 über den sogenannten Kita-Navigator der Antragsgegnerin angemeldet. Das Kind war jedoch weder bei der im Februar 2023 stattgefundenen Platzvergabe noch im Rahmen des wegen technischer Probleme im März 2023 wiederholten Vergabeverfahrens berücksichtigt worden. Dem daraufhin Ende April gestellten sogenannten Eilantrag hat das Gericht nunmehr im Wesentlichen stattgegeben.

In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem:

Der Antrag sei nicht als verfrüht anzusehen. Nach dem Kinderbildungsgesetz sei den Eltern zwar ein Betreuungsplatz erst spätestens sechs Wochen vor dem angemeldeten Betreuungsbeginn nachzuweisen. Da nach den Verlautbarungen der Antragsgegnerin das Vergabeverfahren für den 1. August 2023 bereits weitgehend abgeschlossen sei und derzeit etwa 1700 vorgemerkte Kinder keinen Betreuungsplatz erhalten hätten, sei es nicht zumutbar, mit Blick auf die vage Möglichkeit eines mehr oder weniger zufällig freiwerdenden Betreuungsplatzes mit der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes zu warten.

Weiterlesen

BFH: Kindergeld für ein behindertes Kind, das Opfer einer Gewalttat wurde

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 029/23 vom 01.06.2023 – Urteil vom 20.04.2023 – III R 7/21

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20.04.2023 III R 7/21 entschieden hat, ist eine Grundrente, die das Opfer einer Gewalttat bezieht, nicht zu den Bezügen eines behinderten Kindes zu rechnen und steht daher der Gewährung von Kindergeld nicht entgegen.

Der Kläger ist der Vater einer volljährigen Tochter, bei der eine Behinderung vorliegt. Die Tochter wurde Opfer einer Gewalttat und erhielt deshalb eine Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz. Der Kläger bezog für die Tochter wegen der vorliegenden Behinderung auch nach deren Volljährigkeit Kindergeld. Da die Tochter verheiratet ist, berücksichtigte die Familienkasse bei der Berechnung der der Tochter zur Verfügung stehenden Einkünfte und Bezüge auch den der Tochter gegen ihren Ehemann zustehenden Unterhaltsanspruch. Unter Hinzurechnung der Beschädigtengrundrente und weiterer Sozialleistungen kam die Familienkasse zu dem Ergebnis, dass sich die Tochter ab Oktober 2019 selbst unterhalten könne. Die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Kläger hob sie deshalb auf. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt.

Weiterlesen

LG Frankenthal (Pfalz): Nach Trennung in der Partnerschaft: „Umgangsrecht“ kann es auch für einen Hund geben

Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 30.05.2023 – Urteil voim 12.05.2023 – 2 S 149/22

Haben die Partner einer Lebensgemeinschaft zusammen einen Hund gehalten, so können sie nach einer Trennung verlangen, dass jedem der Ex-Partner eine Art „Umgangsrecht“ mit dem Tier eingeräumt wird. Das hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal in einem aktuellen Urteil entschieden. Die Richter haben einen Mann nach Trennung von seinem Partner dazu verurteilt, in eine „Verwaltungs- und Benutzungsregelung“ für den gemeinsam erworbenen Hund einzuwilligen.

Der Mann aus dem Landkreis Bad Dürkheim und sein ehemaliger Lebensgefährte hatten sich während der Beziehung einen Labradorrüden angeschafft. Nach der Trennung blieb der Hund bei einem der beiden Ex-Partner. Der andere wollte sich gerne ebenfalls um das Tier kümmern und verlangte von seinem ehemaligen Lebensgefährten einen regelmäßigen zweiwöchigen Umgang mit dem Hund. Dies wurde ihm mit der Begründung verweigert, es sei für den Hund als Rudeltier besser, wenn er ausschließlich bei einem der ehemaligen Partner bliebe. Er sei wie im Rudel die Hauptbezugsperson des Tieres und deshalb sei ihm allein das Tier zuzuweisen.

Weiterlesen

Niedersächsisches OVG: Keine Rechtsgrundlage für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eines Kindes nach Anfechtung der Vaterschaft

Quelle: Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25.05.2023 – Urteil vom 25.05.2023 – 13 LC 287/22

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 25. Mai 2023 (Az.: 13 LC 287/22) die Berufung der Hansestadt Lüneburg gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. November 2022 (Az.: 6 A 217/21) zurückgewiesen, mit dem dieses die Hansestadt verpflichtet hatte, festzustellen, dass die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit innehat.

Zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin im Jahr 2019 war ihre ausländische Mutter mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Nach Scheidung der Ehe stellte das Familiengericht im Jahr 2020 auf Antrag der Mutter und der Klägerin fest, dass ihr Vater nicht der geschiedene Ehemann ist, sondern ein ausländischer Staatsangehöriger. Die von der Klägerin beantragte Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit lehnte die Hansestadt Lüneburg im Sommer 2021 mit der Begründung ab, die Klägerin habe die mit ihrer Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit durch die vor dem Familiengericht erfolgte Vaterschaftsanfechtung rückwirkend verloren.

Der hiergegen gerichteten Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Lüneburg am 10. November 2022 stattgegeben und die Hansestadt Lüneburg verpflichtet, festzustellen, dass die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit innehat. Die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft bleibe ohne Auswirkungen auf die Staatsangehörigkeit der Klägerin, da eine gesetzliche Regelung, die in diesem Fall den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit anordne, nicht existiere.

Weiterlesen

Bayrische Staatsregierung: Erbschaftsteuer in Länderhand – Bayern stellt Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht / Bund ignoriert Lebenswirklichkeit / Durchschnittliches Einfamilienhaus muss auch in Bayern steuerfrei vererbt werden können

Quelle: Pressemitteilung der Bayrischen Staatsregierung Nr. 170 vom 23.05.2023

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 23. Mai 2023:

Auch Menschen in Bayern sollen die Chance haben, ihr hart erarbeitetes Vermögen an die nächste Generation weiterzugeben. Die Staatsregierung hat deshalb heute beschlossen, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle gegen das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz einzureichen. Mit dem Antrag soll über eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Weg für eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, Senkung der Steuersätze und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer geöffnet werden. Ziel ist, dass sowohl das Eigenheim in Familienhand als auch viele Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen gesichert werden. Das ist eine Frage der Fairness und der Steuergerechtigkeit.

Die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer wurden seit 2008 nicht erhöht. Im Gegensatz dazu sind die Inflation sowie die Boden- und Immobilienpreise in den letzten Jahren massiv gestiegen. Trotzdem hat der Bundesgesetzgeber die Freibeträge bisher nicht angehoben. Das ist unfair und zugleich eine ständige Steuererhöhung, zumal das Jahressteuergesetz 2022 zu deutlich höheren Immobilienbewertungen und damit massiv gestiegener Erbschaft- und Schenkungsteuer führen wird.

Ein steuerfreies Erben von Einfamilienhäusern ist dadurch in vielen Teilen Bayerns schon seit längerer Zeit nicht mehr möglich. Viele Erben sind zum Verkauf gezwungen, das finanzielle Lebenswerk der Vorgängergeneration kann nicht erhalten werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Bundesgesetzgeber jedoch in einer Entscheidung aus dem Jahr 1995 verpflichtet, sich bei den Freibeträgen der Steuerklasse I – diese betreffen die engsten Familienangehörigen – an den Werten durchschnittlicher Einfamilienhäuser zu orientieren. Diese Vorgabe hat der Bundesgesetzgeber zwar mit der Erbschaftsteuerreform im Jahr 2008 berücksichtigt. Er hat seitdem aber nicht mehr auf die Entwicklung der Wertverhältnisse reagiert. Die Belastungswirkung der Erbschaftsteuer hat sich dadurch mittlerweile gravierend erhöht.

Weiterlesen