OLG München: Kein Auskunftsanspruch bei Kindesunterhalt – Teilhabe am Luxus der Eltern nicht geschuldet

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18.06.2025 – 2 UF 281/25e

Das OLG München hat mit Beschluss vom 18.06.2025 (Az. 2 UF 281/25 e) die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, wonach ein barunterhaltspflichtiger Vater mit sehr hohem Einkommen seiner minderjährigen Tochter Auskunft über sein gesamtes Einkommen erteilen sollte. Das OLG entschied: Ein solcher Auskunftsanspruch besteht in diesem Fall nicht, da der Kindesunterhalt keine bloße Teilhabe am Luxus der Eltern beinhaltet und nicht zur Vermögensbildung des Kindes dient.

Sachverhalt:

  • Die Antragstellerin ist ein schulpflichtiges Kind ohne Einkommen, lebt bei der Mutter. Der Vater zahlt seit 2023 jeweils deutlich über dem Mindestunterhalt (zuletzt 1.165 € monatlich) und übernimmt auch Schul- und Verpflegungskosten.
  • Der Vater erklärte, er sei zur unbegrenzten Zahlung leistungsfähig (Nettoeinkommen: mind. 50.000 € mtl.) und habe die Mutter von jeglicher Beteiligung an Sonderbedarf freigestellt.
  • Das Kind forderte dennoch Auskunft über das Einkommen des Vaters, um möglicherweise mehr Unterhalt geltend machen zu können.

Entscheidung des OLG:

Das OLG wies den Auskunftsanspruch zurück und korrigierte das AG in mehreren Punkten:

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BGH: Inhaltskontrolle von Ehevrträgen bei Unternehmerehe

Quelle: Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.05.2025 – XII ZB 395/24

Kernaussage:

Ein Ehevertrag in einer Unternehmerehe, der Gütertrennung und bestimmte Unterhaltsregelungen vorsieht, ist nicht sittenwidrig i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB, wenn keine einseitige Lastenverteilung ohne Ausgleich vorliegt und keine subjektive Imparität (z. B. Zwangslage oder Abhängigkeit) festzustellen ist.

Sachverhalt:

  • Ehevertrag vom 03.12.2010:
    • Gütertrennung,
    • modifizierter nachehelicher Unterhalt (mind. 3.300 €/Monat, später 5.000 €/Monat),
    • kein Versorgungsausgleich geregelt,
    • gegenseitiger Verzicht auf Erb- und Pflichtteilsrechte.
  • Die Frau war bei Vertragsschluss Unternehmensberaterin und GmbH-Geschäftsführerin (4.200 € brutto/Monat).
  • Der Mann war als Unternehmer in die Familienunternehmen eingebunden, deren Gesellschaftsverträge Gütertrennung vorschreiben.
  • Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.
  • Im Zuge des Scheidungsverfahrens verlangte die Frau Zugewinnausgleich, der vom Familiengericht und später von OLG und BGH abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung durch den BGH:

1. Maßstab der Inhaltskontrolle (§ 138 Abs. 1 BGB):

Ein Ehevertrag ist sittenwidrig, wenn er schon bei Abschluss eine offenkundig einseitige Lastenverteilung im Scheidungsfall bewirkt, ohne ausreichende Gegenleistung oder Rechtfertigung (z. B. familiäre Interessen, legitime Vermögenssicherung).

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OLG Frankfurt: Gleichartigkeit von VBL- und KZVK-Anrechten im Versorgungsausgleich

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 25.04.2025 – 7 UF 127/24

Leitsätze (zusammengefasst):

  1. Anrechte gleicher Art (§ 18 Abs. 1 VersAusglG) sind vor der Saldierung zu addieren.
  2. VBL- und KZVK-Anrechte sind gleichartig, auch bei unterschiedlicher steuerlicher Behandlung in der Leistungsphase.
  3. Für die Bagatellprüfung ist der korrespondierende Kapitalwert ohne Teilungskosten heranzuziehen.

Sachverhalt:

  • Ehe von Juli 2012 bis Januar 2023.
  • Beide Ehegatten erwarben während der Ehezeit Anrechte bei verschiedenen Versorgungsträgern:
    • Antragstellerin: VBL (4.024,07 €), KZVK (4.742,51 €)
    • Antragsgegner: VBL (10.023,07 €), RZVK (1.908,18 €), private Vorsorge (700 € + 1.671,50 €)
  • AG Kassel hatte nur zwei Anrechte geteilt, andere wegen Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 2 VersAusglG) unberücksichtigt gelassen.
  • Die VBL, die KZVK und die Antragstellerin legten Beschwerde ein, v.a. wegen unterlassener Prüfung der Gleichartigkeit.

Kernpunkte der Entscheidung:

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OLG Braunschweig: Auswirkungen der Mitbetreuung beim Kindesunterhalt

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 04.04.2025 – 1 UF 136/24

Sachverhalt:

Die Eltern streiten über die Höhe des Kindesunterhalts für ihre drei minderjährigen Kinder, die überwiegend bei der Mutter leben. Der Vater betreut die Kinder regelmäßig von Mittwoch bis Montag (in jeder ungeraden Woche) sowie zur Hälfte der Schulferien – dies entspricht mehr als einem Drittel der Gesamtzeit. Er zahlt seit Jahren 100 % des Mindestunterhalts abzüglich hälftigen Kindergeldes.

Das Amtsgericht hatte ihn zur Zahlung von 115 % des Mindestunterhalts rückwirkend ab Januar 2020 verpflichtet. Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein.

Kernaussagen des Beschlusses:

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BGH: Herabsetzung des notwendigen Selbstbehaltes beim Kindesunterhalt

Quelle: Beschluss des BGH vom 26.03.2025 – XII ZB 388/24 (Fortführung des Senatsurteils vom 09.01.2008 – XII ZR 170/05)

Leitsatz:

Der notwendige Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann wegen einer gemeinsamen Haushaltsführung mit einem neuen Partner herabgesetzt werden – jedoch nicht unter das sozialhilferechtliche Existenzminimum.


Sachverhalt:

  • Kläger ist ein minderjähriges Kind, das von seinem Vater (Beklagter) Kindesunterhalt verlangt.
  • Der Vater lebt mit einer neuen Lebensgefährtin und deren zwei Kindern zusammen.
  • Sein Einkommen wechselte zwischen Leiharbeit (1.020–1.145 € netto) und Arbeitslosengeld I (937 €).
  • Er wurde zur Zahlung rückständigen und laufenden Unterhalts verurteilt.
  • Das OLG Karlsruhe gewährte dem Vater einen hohen Selbstbehalt, da er mit seiner neuen Partnerin in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft lebt.
  • Der Sohn legte Revision ein.

Kernaussagen des BGH:

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BVerfG: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Solidaritätszuschlag

Quelle: Pressemitteilung Nr. 30/2025 des Bundesverfassungsgerichts vom 26.03.2025 – Urteil vom 26.03.2025 – 3 BvR 1505/20

Solidaritätszuschlag 2020/2021

Mit heute verkündetem Urteil hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 zurückgewiesen.

Der zum 1. Januar 1995 eingeführte Solidaritätszuschlag stellt eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) dar. Der Senat führt in seinem Urteil aus, dass eine solche Ergänzungsabgabe einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraussetzt, der durch den Gesetzgeber allerdings nur in seinen Grundzügen zu umreißen ist. Im Fall des Solidaritätszuschlags ist dies der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes. Weiter führt der Senat aus, dass ein evidenter Wegfall des Mehrbedarfs eine Verpflichtung des Gesetzgebers begründet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Insoweit trifft den Bundesgesetzgeber – bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe – eine Beobachtungsobliegenheit. Ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes kann auch heute (noch) nicht festgestellt werden. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht folglich nicht.

Die Verfassungsbeschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer gegen die unveränderte Fortführung der Solidaritätszuschlagspflicht und gegen den nur teilweisen Abbau des Solidaritätszuschlags wenden, blieb daher erfolglos.

Richterin Wallrabenstein hat sich der Senatsmehrheit im Ergebnis angeschlossen, jedoch hinsichtlich der Begründung ein Sondervotum verfasst.

Sachverhalt:

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OLG Braunschweig: Teilweiser Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen jahrzehntelanger Trennung und wirtschaftlicher Entflechtung

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 25.03.2025 – 13 UF 101/24

Leitsatz

Ein (teilweiser) Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG ist gerechtfertigt, wenn eine außergewöhnlich lange Trennungszeit ohne wirtschaftliche Verflechtung vorliegt und dadurch der Grundgedanke der Teilhabe an gemeinsam erworbenem Versorgungsvermögen seine Berechtigung verliert.


Sachverhalt:

  • Ehe seit dem 17.12.1984, Trennung seit dem 01.09.1995, also 28 Jahre Trennungszeit vor Scheidung.
  • Beide Ehegatten wirtschaftlich völlig entflechtet seit der Trennung.
  • Scheidungsantrag: 25.01.2024; Entscheidung AG: 28.05.2024 – Versorgungsausgleich über die volle Ehezeit (39 Jahre).
  • Antragsgegnerin rügt, dass dies grob unbillig sei – begehrt zeitliche Begrenzung des Ausgleichs bis 31.12.1997, also drei Jahre nach Trennung.
  • Antragsteller erhebt keine Einwände gegen das Begehren.

Rechtliche Bewertung des OLG:

1. Maßstab: § 27 VersAusglG – Härteklausel

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OLG Braunschweig: Notarielle Sorgerechtsvollmacht vs. Übertragung alleiniger elterlicher Sorge

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 18.03.2025 – 1 WF 32/25

Kernaussage:

Eine Sorgerechtsvollmacht kann die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge gemäß § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB entbehrlich machen, wenn sie dem betreuenden Elternteil ermöglicht, in den wesentlichen Angelegenheiten des Kindes eigenständig und wirksam zu handeln. In diesem Fall kommt es nicht mehr auf Kommunikationsprobleme zwischen den Eltern an.


Sachverhalt:

  • Die geschiedenen Eltern einer sechsjährigen Tochter haben gemeinsames Sorgerecht.
  • Das Kind lebt bei der Mutter.
  • Der Vater hat der Mutter im Juli 2024 eine notariell beglaubigte Sorgerechtsvollmacht für alle Angelegenheiten der elterlichen Sorge erteilt.
  • Im Dezember 2024 beantragte die Mutter die Übertragung der Alleinsorge auf sich mit der Begründung:
    • Totale Kommunikationsverweigerung des Vaters.
    • Sorgerechtsvollmachten würden von Ärzten, Behörden und Banken häufig nicht akzeptiert.
  • Sie beantragte zugleich Verfahrenskostenhilfe (VKH).

Entscheidung:

  • Das AG wies den VKH-Antrag ab, weil keine hinreichende Erfolgsaussicht für die Hauptsache bestand.
  • Das OLG bestätigte diese Entscheidung:
    • Die Sorgerechtsvollmacht reicht aus, um dem Kindeswohl zu entsprechen.
    • Es gibt keine ausreichenden Belege, dass die Vollmacht in der Praxis unbrauchbar sei.
    • Es fehlt an einem konkreten Nachweis, dass Behörden oder Ärzte die Vollmacht tatsächlich ablehnen.
    • Damit fehlt die Grundlage für eine gerichtliche Sorgerechtsübertragung.
    • Alleinsorge ist ein schwerwiegender Eingriff in das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) und nur zulässig, wenn keine milderen Mittel verfügbar sind.
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OLG Zweibrücken: Vertragsmäßige Verfügungen im Erbvertrag mit Rücktrittsvorbehalt

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 10.03.2025 – 8 W 19/24 (Vorinstanz: AG Kaiserslautern Beschluss vom 05.02.2024 – 1 VI 1028/23)

Kernaussagen der Entscheidung:

  1. Vertragsmäßige Verfügungen im Erbvertrag bleiben bindend, selbst wenn ein vertraglicher Rücktrittsvorbehalt besteht (§§ 2293, 2289 BGB).
  2. Zuwendungen an Dritte (z. B. Stiefkinder) in einem Erbvertrag, der im Hinblick auf eine bevorstehende Ehe geschlossen wurde, werden bei späterer Scheidung unwirksam (§§ 2279 Abs. 2, 2077 BGB).
  3. Dass der Erblasser nicht vom Erbvertrag zurückgetreten ist, bedeutet nicht, dass er die Zuwendung für den Fall der Scheidung trotzdem gewollt hat (§ 2077 Abs. 3 BGB).

Sachverhalt im Überblick:

  • Der kinderlose Erblasser war mit der Mutter der Beteiligten zu 2) (seiner Stieftochter) verheiratet gewesen. Die Ehe wurde 1995 geschieden.
  • Vor der Eheschließung schlossen der Erblasser und seine Verlobte 1990 einen notariellen Ehe- und Erbvertrag:
    • Gütertrennung.
    • Der Erblasser setzte die Tochter der Verlobten (Beteiligte zu 2) als Alleinerbin ein.
    • Zusätzlich erhielt die Verlobte ein lebenslanges Wohnrecht (Vermächtnis).
    • Der Erblasser behielt sich Rücktritt vom Erbvertrag vor.
    • Beide Parteien erkannten die Verbindlichkeit der Vereinbarungen ausdrücklich an.

Verfahrensverlauf:

  • Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Nichte des Erblassers (Beteiligte zu 1) die Ausstellung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge.
  • Begründung: Der Erbvertrag sei durch die Scheidung der Ehe unwirksam geworden.
  • Die Stieftochter (Beteiligte zu 2) hielt daran fest, dass sie gültig als Erbin eingesetzt worden sei.
  • Das Nachlassgericht wies den Erbscheinsantrag der Nichte zurück.
  • Das OLG Zweibrücken hob diesen Beschluss auf und gab der Nichte recht.

Begründung des OLG:

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OLG Celle: Falsche Angaben im Erbscheinverfahren haben Konsequenzen

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Celle vom 20.02.2025 – Veschluss vom 09.01.2025 – 6 W 156/24

Geschwister stritten erst um Erbschaft und dann um Anwaltskosten

Ein Streit um einen Erbschein hat kürzlich das Oberlandesgericht Celle beschäftigt. Eine Frau hatte nach dem Tod ihrer Mutter einen Erbschein beantragt, um als Alleinerbin ausgewiesen zu werden. Sie berief sich dabei auf ein Testament, machte aber falsche Angaben: Sie versicherte eidesstattlich, dass das Testament von der Verstorbenen eigenhändig verfasst worden sei. In Wirklichkeit hatte jedoch die Tochter das Testament geschrieben und die Mutter nur ihre Unterschrift darunter gesetzt.

Testament muss eigenhändig geschrieben sein

Die falschen Angaben betrafen einen entscheidenden Punkt: Ein Testament muss eigenhändig geschrieben oder von einem Notar beurkundet werden. Eigenhändig heißt, dass der Erblasser es komplett selbst und von Hand niederschreiben muss. Die bloße Unterschrift der Mutter reichte deshalb nicht aus – das Testament war unwirksam. Statt des Testaments galt die gesetzliche Erbfolge, das heißt: Die Antragstellerin musste sich das Erbe mit ihren Geschwistern teilen.

Streit um Anwaltskosten

Im Erbscheinverfahren vor dem Amtsgericht Neustadt wurden die falschen Angaben aufgeklärt. Der Streit war damit aber nicht erledigt. Denn die Geschwister hatten Anwälte beauftragt, um gegen den unberechtigten Antrag vorzugehen. Zwei Schwestern verlangten die Erstattung der angefallenen Anwaltskosten. Das Oberlandesgericht Celle gab ihnen nun recht.

Mögliche strafrechtliche Folgen

Für die unterlegene Schwester hat dies nicht nur finanzielle Folgen: Die Akten werden nun der Staatsanwaltschaft übergeben, denn eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar. Das Oberlandesgericht sah einen entsprechenden Anfangsverdacht; bis zu einer möglichen Entscheidung im Strafverfahren gilt für die Betroffene die Unschuldsvermutung.