OLG Braunschweig: Auswirkungen der Mitbetreuung beim Kindesunterhalt

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 04.04.2025 – 1 UF 136/24

Sachverhalt:

Die Eltern streiten über die Höhe des Kindesunterhalts für ihre drei minderjährigen Kinder, die überwiegend bei der Mutter leben. Der Vater betreut die Kinder regelmäßig von Mittwoch bis Montag (in jeder ungeraden Woche) sowie zur Hälfte der Schulferien – dies entspricht mehr als einem Drittel der Gesamtzeit. Er zahlt seit Jahren 100 % des Mindestunterhalts abzüglich hälftigen Kindergeldes.

Das Amtsgericht hatte ihn zur Zahlung von 115 % des Mindestunterhalts rückwirkend ab Januar 2020 verpflichtet. Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein.


Kernaussagen des Beschlusses:

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BVerfG: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Solidaritätszuschlag

Quelle: Pressemitteilung Nr. 30/2025 des Bundesverfassungsgerichts vom 26.03.2025 – Urteil vom 26.03.2025 – 3 BvR 1505/20

Solidaritätszuschlag 2020/2021

Mit heute verkündetem Urteil hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 zurückgewiesen.

Der zum 1. Januar 1995 eingeführte Solidaritätszuschlag stellt eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) dar. Der Senat führt in seinem Urteil aus, dass eine solche Ergänzungsabgabe einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraussetzt, der durch den Gesetzgeber allerdings nur in seinen Grundzügen zu umreißen ist. Im Fall des Solidaritätszuschlags ist dies der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes. Weiter führt der Senat aus, dass ein evidenter Wegfall des Mehrbedarfs eine Verpflichtung des Gesetzgebers begründet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Insoweit trifft den Bundesgesetzgeber – bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe – eine Beobachtungsobliegenheit. Ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes kann auch heute (noch) nicht festgestellt werden. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht folglich nicht.

Die Verfassungsbeschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer gegen die unveränderte Fortführung der Solidaritätszuschlagspflicht und gegen den nur teilweisen Abbau des Solidaritätszuschlags wenden, blieb daher erfolglos.

Richterin Wallrabenstein hat sich der Senatsmehrheit im Ergebnis angeschlossen, jedoch hinsichtlich der Begründung ein Sondervotum verfasst.

Sachverhalt:

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OLG Braunschweig: Notarielle Sorgerechtsvollmacht vs. Übertragung alleiniger elterlicher Sorge

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 18.03.2025 – 1 WF 32/25

Kernaussage:

Eine Sorgerechtsvollmacht kann die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge gemäß § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB entbehrlich machen, wenn sie dem betreuenden Elternteil ermöglicht, in den wesentlichen Angelegenheiten des Kindes eigenständig und wirksam zu handeln. In diesem Fall kommt es nicht mehr auf Kommunikationsprobleme zwischen den Eltern an.


Sachverhalt:

  • Die geschiedenen Eltern einer sechsjährigen Tochter haben gemeinsames Sorgerecht.
  • Das Kind lebt bei der Mutter.
  • Der Vater hat der Mutter im Juli 2024 eine notariell beglaubigte Sorgerechtsvollmacht für alle Angelegenheiten der elterlichen Sorge erteilt.
  • Im Dezember 2024 beantragte die Mutter die Übertragung der Alleinsorge auf sich mit der Begründung:
    • Totale Kommunikationsverweigerung des Vaters.
    • Sorgerechtsvollmachten würden von Ärzten, Behörden und Banken häufig nicht akzeptiert.
  • Sie beantragte zugleich Verfahrenskostenhilfe (VKH).

Entscheidung:

  • Das AG wies den VKH-Antrag ab, weil keine hinreichende Erfolgsaussicht für die Hauptsache bestand.
  • Das OLG bestätigte diese Entscheidung:
    • Die Sorgerechtsvollmacht reicht aus, um dem Kindeswohl zu entsprechen.
    • Es gibt keine ausreichenden Belege, dass die Vollmacht in der Praxis unbrauchbar sei.
    • Es fehlt an einem konkreten Nachweis, dass Behörden oder Ärzte die Vollmacht tatsächlich ablehnen.
    • Damit fehlt die Grundlage für eine gerichtliche Sorgerechtsübertragung.
    • Alleinsorge ist ein schwerwiegender Eingriff in das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) und nur zulässig, wenn keine milderen Mittel verfügbar sind.
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OLG Celle: Falsche Angaben im Erbscheinverfahren haben Konsequenzen

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Celle vom 20.02.2025 – Veschluss vom 09.01.2025 – 6 W 156/24

Geschwister stritten erst um Erbschaft und dann um Anwaltskosten

Ein Streit um einen Erbschein hat kürzlich das Oberlandesgericht Celle beschäftigt. Eine Frau hatte nach dem Tod ihrer Mutter einen Erbschein beantragt, um als Alleinerbin ausgewiesen zu werden. Sie berief sich dabei auf ein Testament, machte aber falsche Angaben: Sie versicherte eidesstattlich, dass das Testament von der Verstorbenen eigenhändig verfasst worden sei. In Wirklichkeit hatte jedoch die Tochter das Testament geschrieben und die Mutter nur ihre Unterschrift darunter gesetzt.

Testament muss eigenhändig geschrieben sein

Die falschen Angaben betrafen einen entscheidenden Punkt: Ein Testament muss eigenhändig geschrieben oder von einem Notar beurkundet werden. Eigenhändig heißt, dass der Erblasser es komplett selbst und von Hand niederschreiben muss. Die bloße Unterschrift der Mutter reichte deshalb nicht aus – das Testament war unwirksam. Statt des Testaments galt die gesetzliche Erbfolge, das heißt: Die Antragstellerin musste sich das Erbe mit ihren Geschwistern teilen.

Streit um Anwaltskosten

Im Erbscheinverfahren vor dem Amtsgericht Neustadt wurden die falschen Angaben aufgeklärt. Der Streit war damit aber nicht erledigt. Denn die Geschwister hatten Anwälte beauftragt, um gegen den unberechtigten Antrag vorzugehen. Zwei Schwestern verlangten die Erstattung der angefallenen Anwaltskosten. Das Oberlandesgericht Celle gab ihnen nun recht.

Mögliche strafrechtliche Folgen

Für die unterlegene Schwester hat dies nicht nur finanzielle Folgen: Die Akten werden nun der Staatsanwaltschaft übergeben, denn eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar. Das Oberlandesgericht sah einen entsprechenden Anfangsverdacht; bis zu einer möglichen Entscheidung im Strafverfahren gilt für die Betroffene die Unschuldsvermutung.

LG Frankfurt: Herausgabe kryokonservierten Spermas nach Tod des Ehemanns

Quelle: Beschluss des Landgerichts Frankfurt vom 04.02.2025 – 2-04 O 29/25

1. Sachverhalt

Nach dem Tod ihres an Krebs verstorbenen Ehemanns beantragte eine Witwe im Eilverfahren die Herausgabe von dessen kryokonserviertem Sperma, das bei einer spanischen Klinik gelagert war. Der Ehemann hatte vorab mit der Klinik eine Kryokonservierungsvereinbarung geschlossen. Diese enthielt u. a.:

  • Automatische Vertragsverlängerung um je 12 Monate.
  • Regelung, dass im Todesfall des Patienten das Sperma zu vernichten sei.
  • Die Herausgabe sollte nur an den Patienten selbst oder einen Bevollmächtigten erfolgen.
  • Verweis auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 Embryonenschutzgesetz (ESchG), wonach eine künstliche Befruchtung nach dem Tod des Spenders in Deutschland verboten ist.

Die Klinik verweigerte unter Berufung auf den Vertrag und das deutsche ESchG die Herausgabe. Das LG Frankfurt a. M. gab dem Antrag der Witwe statt.


2. Entscheidung des LG Frankfurt a. M.

a) Reproduktiver Wille überwiegt Vertragsklausel

  • Die Witwe konnte durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft machen, dass ein gemeinsamer, stabiler Kinderwunsch bestand – auch für den Fall, dass der Ehemann das Kind nicht mehr erleben würde.
  • Der Ehemann hatte geäußert, er wolle, dass „etwas von ihm lebendig bleibt“.
  • Die Klausel zur Vernichtung ist teleologisch zu reduzieren, da sie primär dem Strafbarkeitsrisiko der Klinik dienen sollte – nicht der Einschränkung des reproduktiven Selbstbestimmungsrechts.
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BGH: Frage der Leistungsfähigkeit eines Kindes beim Elternunterhalt (Selbstbehalt)

Quelle: Beschlss des Bundesgerichtshofs vom 22.01.2025 – XII ZB 148/24

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. Januar 2025 (XII ZB 148/24) betrifft die Frage der Leistungsfähigkeit eines Kindes beim Elternunterhalt, insbesondere in Bezug auf die Bemessung des Selbstbehalts nach Einführung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes.


Kernaussagen und Argumentation des BGH:

1. Ausgangssituation:

  • Der Antragsteller (Sozialhilfeträger) verlangte vom Antragsgegner (Kind) Elternunterhalt, da die Mutter psychisch erkrankt war und Sozialhilfe bezogen hatte (ca. 61.663 € für 2020–2021).
  • Der Antragsgegner hatte bereinigtes Einkommen von ca. 5.300 € netto/Monat.
  • Amtsgericht und Oberlandesgericht wiesen den Antrag ab – mit der Begründung, der Antragsgegner sei nicht leistungsfähig, da sein Einkommen unter einem Selbstbehalt von 5.500 € liege.

2. Entscheidung des BGH:

  • Der BGH hob den Beschluss des OLG München auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

3. Zentrale Begründungen des BGH:

a) Kein Automatismus zwischen Sozialhilferecht und Unterhaltsrecht:

  • Das Angehörigen-Entlastungsgesetz (2020) schließt Rückgriff auf Kinder mit Einkommen unter 100.000 €/Jahr zwar sozialhilferechtlich aus, ändert aber nichts an der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht.
  • Zivilrechtliche Unterhaltspflichten bestehen weiterhin unabhängig von der Regressgrenze des § 94 Abs. 1a SGB XII.
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OLG München: Feststellung der Testierunfähigkeit mittels Sachverständiger

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18.12.2024 – 33 Wx 153/24e)

Kernaussagen:

  1. Die Feststellung der Testierunfähigkeit darf nicht allein auf Zeugenaussagen, sondern nur unter sachverständiger Begutachtung und Mitwirkung erfolgen.
  2. Wird die Einvernahme von Zeugen vom Sachverständigen für erforderlich gehalten, muss dieser bei der Vernehmung anwesend sein und Fragen stellen können.
  3. Ein Rechtspfleger ist nicht befugt, über einen streitigen Erbscheinsantrag bei behaupteter Testierunfähigkeit zu entscheiden – in einem solchen Fall ist das Verfahren dem Richter zu übertragen.

Sachverhalt:

  • Die Erblasserin errichtete am 29.01.2020 ein eigenhändiges Testament zugunsten ihrer Großnichte.
  • Sie verstarb 2021 und stand seit April 2020 unter Betreuung.
  • Das Nachlassgericht (Rechtspfleger) lehnte den Erbscheinsantrag der eingesetzten Erbin mit Verweis auf ein früheres Gutachten zur Geschäfts(un)fähigkeit ab – ohne Einholung eines neuen vollständigen Gutachtens.
  • Ein vom OLG angeordneter Sachverständiger konnte keine abschließende Beurteilung treffen und forderte die Zeugenvernehmung in seiner Anwesenheit.
  • Das Nachlassgericht vernahm die Zeugen ohne den Sachverständigen und entschied daraufhin erneut gegen die Beschwerdeführerin.
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OLG Celle: Kenntnis des Erben bei gesetzlicher Vertretung durch Betreuer – Ausschlagungsfrist

Quelle: Beschluss vom 02.12.2024 – 6 W 142/24

Leitsätze / Kernaussagen

  1. Für den Beginn der Ausschlagungsfrist (§ 1944 Abs. 2 BGB) ist nicht erforderlich, dass die Kenntnis vom Nachlassgericht stammt. Auch Schreiben eines Miterben genügt.
  2. Ist der Erbe geschäftsfähig, aber unter Betreuung, kommt es für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Kenntnis des zuerst Informierten an – Betreuter oder Betreuer (Prioritätsprinzip).

Sachverhalt

  • Die Erblasserin starb im Januar 2024 ohne Testament. Erben waren ihre beiden Neffen (Bet. zu 1 und 2).
  • Der Bet. zu 2 steht unter rechtlicher Betreuung (Aufgabenkreis Vermögenssorge mit Einwilligungsvorbehalt).
  • Am 1.3.2024 erhielt der Betreuer ein Schreiben von Bet. zu 1 mit Sterbeurkunde und Hinweisen zur Erbfolge.
  • Erst am 6.5.2024 erklärten der Bet. zu 2 und sein Betreuer beim Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft.
  • Das Amtsgericht stellte trotzdem die Erbenstellung beider fest – die Ausschlagungsfrist war abgelaufen.
  • Die Beschwerde des Betreuers gegen die Erbenfeststellung blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe des OLG

1. Fristbeginn und Kenntnis des Erben (§ 1944 Abs. 2 BGB)

  • Die Ausschlagungsfrist von sechs Wochen begann mit der Kenntnis des Betreuers am 1.3.2024.
  • Für die Frist genügt es, wenn der Betreuer (als gesetzlicher Vertreter) weiß:
    • dass ein Erbfall eingetreten ist,
    • und dass der Betreute gesetzlicher Erbe geworden ist.
  • Es ist nicht erforderlich, dass diese Information vom Gericht stammt – auch ein Miterbenschreiben reicht.
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OLG Saarbrücken: Prüfungsrecht des Grundbuchamtes bezüglich Vorsorgevollmacht (ausgestellt von der Betreuungsbehörde)

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom vom 04.12.2024 – 5 W 41/24 (NJW-RR 2025,528)

Kernaussage:
Das Grundbuchamt darf die Vorlage einer Lebensbescheinigung des Vollmachtgebers nur dann verlangen, wenn konkrete Anhaltspunkte für dessen Tod vorliegen. Andernfalls ist es unzulässig, die beantragte Eintragung eines Eigentumswechsels wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 BtOG zu verweigern.


Sachverhalt:

  • Zwei Beteiligte (Bet. 1 und 2) sind je zur Hälfte als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
  • Bet. 1 erteilte Bet. 2 am 2.10.2023 eine umfassende Vorsorgevollmacht, beglaubigt durch die Betreuungsbehörde gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 BtOG.
  • Am 22.2.2024 übertrug Bet. 2, handelnd für sich und als Bevollmächtigte von Bet. 1, den Grundbesitz unentgeltlich an Bet. 3 (mit Wohnungs-/Mitbenutzungsrecht für Bet. 1 und 2).
  • Das Grundbuchamt verlangte mit Zwischenverfügung vom 24.6.2024 eine Lebensbescheinigung für Bet. 1, da mit dessen Tod die Beglaubigungswirkung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BtOG ende.
  • Der beauftragte Notar legte dagegen Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG Saarbrücken:

1. Zulässigkeit der Beschwerde:

  • Auch ohne namentliche Nennung der Vertretenen durch den Notar gilt die Beschwerde als im Namen aller Antragsberechtigten eingelegt (u.a. Bet. 2).
  • Das OLG entscheidet trotz fehlender Abhilfeentscheidung des Grundbuchamts unmittelbar in der Sache.

2. Begründetheit der Beschwerde:

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BGH: Bundesgerichtshof entscheidet zur Höhe des angemessenen Selbstbehalts beim Elternunterhalt

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 229/2024 vom 04.12.2024 – Beschluss vom 23.10.2024 – XII ZB 6/24

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich erneut mit der Frage befasst, in welchem Umfang Kinder im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs. 1 BGB) zu Unterhaltsleistungen für ihre Eltern herangezogen werden können.

Sachverhalt:

Der Antragsteller ist Sozialhilfeträger. Er nimmt den Antragsgegner aus übergegangenem Recht für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020 auf Elternunterhalt für dessen pflegebedürftige Mutter in Anspruch. Die 1940 geborene Mutter lebt in einer vollstationären Pflegeeinrichtung und kann die Kosten ihrer Heimunterbringung mit ihrer Sozialversicherungsrente und den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht vollständig decken. Der Antragsteller erbrachte für sie im genannten Zeitraum Sozialhilfeleistungen in monatlicher Höhe von rund 1.500 €. Der Antragsgegner ist verheiratet und bewohnte im fraglichen Zeitraum mit seiner nicht erwerbstätigen Ehefrau und zwei volljährigen Kindern ein den Ehegatten gehörendes Einfamilienhaus. Das Jahresbruttoeinkommen des Antragsgegners belief sich im Jahr 2020 auf gut 133.000 €.

Bisheriger Verfahrensverlauf:

Das Amtsgericht hat den auf Zahlung von 7.126 € gerichteten Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat das Bruttoeinkommen des Antragsgegners um Steuern und Sozialabgaben, Unterhaltspflichten für eines der volljährigen Kinder, berufsbedingte Aufwendungen, Versicherungen sowie Altersvorsorgeaufwendungen bereinigt und die unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte des Antragsgegners mit Monatsbeträgen zwischen 5.451 € und 6.205 € ermittelt. Auf dieser Grundlage hat es den Antragsgegner für nicht leistungsfähig gehalten. Denn der Mindestselbstbehalt beim Elternunterhalt müsse sich nun mit Blick auf § 94 Abs. 1a Satz 1 und 2 SGB XII an dem Nettobetrag orientieren, der sich überschlägig aus einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 € nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben errechnen lasse, so dass ein Mindestselbsthalt von 5.000 € für Alleinstehende und ein Familienmindestselbstbehalt von 9.000 € für Verheiratete als angemessen anzusehen sei.

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