OLG Braunschweig: Auswirkungen der Mitbetreuung beim Kindesunterhalt

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 04.04.2025 – 1 UF 136/24

Sachverhalt:

Die Eltern streiten über die Höhe des Kindesunterhalts für ihre drei minderjährigen Kinder, die überwiegend bei der Mutter leben. Der Vater betreut die Kinder regelmäßig von Mittwoch bis Montag (in jeder ungeraden Woche) sowie zur Hälfte der Schulferien – dies entspricht mehr als einem Drittel der Gesamtzeit. Er zahlt seit Jahren 100 % des Mindestunterhalts abzüglich hälftigen Kindergeldes.

Das Amtsgericht hatte ihn zur Zahlung von 115 % des Mindestunterhalts rückwirkend ab Januar 2020 verpflichtet. Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein.


Kernaussagen des Beschlusses:

1. Umfangreiche Mitbetreuung kann Herabgruppierung rechtfertigen:

  • Grundsatz: Eine umfangreiche Mitbetreuung durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil kann den Bedarf des Kindes anteilig decken und so eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle rechtfertigen.
  • Schätzung: Der Senat folgt einer pauschalierenden Schätzung gemäß Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums:
    • Ein Mitbetreuungsanteil von 1/3 (≈ 35 %) deckt ca. 15 % des Kindesbedarfs (insbesondere in den Bereichen Nahrung, Verkehr, Freizeit).
    • Jede Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entspricht 5 % Bedarfserhöhung, sodass eine 15 %ige Deckung eine Herabstufung um drei Gruppen rechtfertigt.

2. Anwendung auf den konkreten Fall:

  • Das Einkommen des Vaters lag zwischen 2020–2025 in verschiedenen Gruppen der Düsseldorfer Tabelle (Gruppe 4–6).
  • Zusätzlich zur Mitbetreuung wurde wegen der Anzahl der drei Kinder bereits eine Herabstufung um eine Gruppe vorgenommen.
  • Zusammengenommen (3 Kinder + 35 % Mitbetreuung) rechtfertigte dies eine Herabstufung um vier Gruppen, sodass der Vater nur 100 % des Mindestunterhalts schuldet.
  • Für das Jahr 2023 hätte sich rechnerisch eine höhere Zahlung ergeben, aber wegen der Einkommensnähe zur niedrigeren Gruppe und dem wieder sinkenden Einkommen in 2024 hielt das Gericht eine einheitliche Lösung für alle Jahre (2020–2025) für angemessen.

3. Ergebnis:

  • Der Vater schuldet ab Mai 2025 Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts, abzüglich hälftigen Kindergeldes.
  • Die weitergehenden Forderungen der Mutter wurden zurückgewiesen.
  • Keine rückständigen Unterhaltszahlungen bestehen, da der Vater stets mindestens diesen Betrag gezahlt hatte.

4. Verfahrensrechtliches:

  • Entscheidung ohne mündliche Verhandlung war zulässig (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 FamFG).
  • Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
  • Keine Zulassung der Rechtsbeschwerde, da der BGH die Herabgruppierung bei Mitbetreuung bereits grundsätzlich anerkannt hat.

Fazit:
Das OLG Braunschweig bestätigt, dass bei erheblicher Mitbetreuung durch den unterhaltspflichtigen Elternteil eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle zulässig ist. In diesem Fall reichte die Betreuungsleistung des Vaters aus, um ihn nur zum Mindestunterhalt zu verpflichten.