Quelle: Pressemitteilung des Finanzgerichts Münster Nr. 17/2020 vom 01.10.2020 – Urteil vom 27.08.2020 – 3 K 722/16 Erb
Bei einer Grundstücksübertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch mindern die vom Nießbraucher weiterhin persönlich zu tragenden Zins- und Tilgungsleistungen nicht den nach § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigenden Wert des Nießbrauchsrechts. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 27.08.2020 (Az. 3 K 722/16 Erb) entschieden.
Der Kläger hatte von seiner Mutter deren vermieteten Grundbesitz im Wege der Schenkung erhalten, wobei sich seine Mutter ein lebenslängliches und unentgeltliches Nießbrauchsrecht vorbehalten hatte. Die auf dem Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten übernahm der Kläger nur mit dinglicher Wirkung. Persönliche Schuldnerin blieb seine Mutter, die die Zins- und Tilgungszahlungen für die Verbindlichkeiten weiter leistete. In seiner Schenkungsteuererklärung zog der Kläger den Nießbrauch erwerbsmindernd ab. Das Finanzamt war der Auffassung, dass das Nießbrauchsrecht zwar grundsätzlich abzugsfähig sei, bei der Ermittlung des abzuziehenden Betrages aber die weiterhin von der Mutter des Klägers zu leistenden Zins- und Tilgungszahlungen zu berücksichtigen seien und deshalb der Nießbrauch nur mit einem entsprechend niedrigeren Wert abzugsfähig sei, wodurch sich der zu zahlende Steuerbetrag entsprechend erhöhte.
Der hiergegen erhobenen Klage hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster stattgegeben. Die Kapitalisierung des gemäß § 10 Abs. 5 ErbStG erwerbsmindernd zu berücksichtigenden Nießbrauchs erfolge, so der Senat, gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem Vielfachen des Jahreswerts. Der Jahreswert des Nießbrauchs an einem Grundstück umfasse die Nutzungen des Grundbesitzes, die der Nießbraucher zu ziehen berechtigt sei. Dieser Jahreswert sei im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei von den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung auszugehen sei und die vom Nießbraucher zu tragenden Aufwendungen grundsätzlich abzuziehen seien. Im Streitfall habe der Kläger die Verbindlichkeiten aber nicht persönlich übernommen und sei durch die Verbindlichkeiten und die damit verbundenen Zins- und Tilgungsleistungen weder rechtlich noch tatsächlich belastet gewesen. Der Kläger konnte durch die Zins- noch durch die Tilgungsleistungen seitens der Schenkerin auch nicht bereits zum Zeitpunkt der Grundbesitzübertragung bereichert sein.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.