BGH: Wirksamkeit einer Zuwendung von Todes wegen an einen den Erblasser behandelnden Arzt

Quelle: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.07.2025 – IV ZR 93/24

Kernaussage:

Eine Zuwendung von Todes wegen zugunsten des behandelnden Arztes ist nicht allein deshalb unwirksam, weil sie gegen das berufsrechtliche Zuwendungsverbot nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä verstößt. Dieses Verbot wirkt nur berufsrechtlich und berührt nicht die zivilrechtliche Wirksamkeit testamentarischer Verfügungen.

Sachverhalt:

  • Der Erblasser hatte 2016 einen Erbvertrag mit seinem Hausarzt und weiteren Personen abgeschlossen: Der Arzt sollte ärztliche und betreuende Leistungen erbringen und im Gegenzug nach dem Tod des Erblassers ein Grundstück als Vermächtnis erhalten.
  • Nach dem Tod des Erblassers 2018 nahm eine weitere Erbin (die Beklagte) den Nachlass in Besitz.
  • 2019 wurde über das Vermögen des Arztes das Insolvenzverfahren eröffnet.
  • Der Insolvenzverwalter (Kläger) forderte das Grundstück vom Nachlass zur Insolvenzmasse zurück, gestützt auf eine Unwirksamkeit des Vermächtnisses wegen Verstoßes gegen § 32 BO-Ä.

Vorinstanzen:

  • LG & OLG: Vermächtnis sei nach §§ 134, 2171 BGB nichtig, da gegen das standesrechtliche Zuwendungsverbot verstoßen worden sei.
  • BGH: hebt das Urteil auf und verweist die Sache zurück.

Begründung des BGH:

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OLG München: Kein Auskunftsanspruch bei Kindesunterhalt – Teilhabe am Luxus der Eltern nicht geschuldet

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18.06.2025 – 2 UF 281/25e

Das OLG München hat mit Beschluss vom 18.06.2025 (Az. 2 UF 281/25 e) die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, wonach ein barunterhaltspflichtiger Vater mit sehr hohem Einkommen seiner minderjährigen Tochter Auskunft über sein gesamtes Einkommen erteilen sollte. Das OLG entschied: Ein solcher Auskunftsanspruch besteht in diesem Fall nicht, da der Kindesunterhalt keine bloße Teilhabe am Luxus der Eltern beinhaltet und nicht zur Vermögensbildung des Kindes dient.

Sachverhalt:

  • Die Antragstellerin ist ein schulpflichtiges Kind ohne Einkommen, lebt bei der Mutter. Der Vater zahlt seit 2023 jeweils deutlich über dem Mindestunterhalt (zuletzt 1.165 € monatlich) und übernimmt auch Schul- und Verpflegungskosten.
  • Der Vater erklärte, er sei zur unbegrenzten Zahlung leistungsfähig (Nettoeinkommen: mind. 50.000 € mtl.) und habe die Mutter von jeglicher Beteiligung an Sonderbedarf freigestellt.
  • Das Kind forderte dennoch Auskunft über das Einkommen des Vaters, um möglicherweise mehr Unterhalt geltend machen zu können.

Entscheidung des OLG:

Das OLG wies den Auskunftsanspruch zurück und korrigierte das AG in mehreren Punkten:

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OLG Frankfurt: Kein Versorgungsausgleich bei geringfügigen Differenzen: OLG Frankfurt bejaht Gleichartigkeit von Entgeltpunkten (Ost) und West-Anrechten nach Rentenangleichung

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 16.06.2025 – 7 UF 12/25

Kernaussagen / Leitsätze des Gerichts:

  1. Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) sind seit dem 01.07.2024 aufgrund der gesetzlichen Rentenangleichung gemäß § 254d SGB VI als gleichartig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG anzusehen.
  2. Ein Versorgungsausgleich kann bei geringfügigen Wertdifferenzen unterbleiben – hier z. B. 1.098,98 € (Monatsrente: 4,69 €) im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung.
  3. Gleichartige Anrechte bei unterschiedlichen Versorgungsträgern (z. B. VBL und KZVK) können zur Prüfung der Geringfügigkeit addiert werden – die Bewertung erfolgt vor Abzug von Teilungskosten.
  4. Ein Wechsel der Ausgleichsrichtung (also wer von wem auszugleichen hätte), der sich allein aus der Anwendung bzw. Nichtanwendung von § 18 ergibt, ist besonders zu würdigen.

Sachverhalt:

  • Die Ehe der Beteiligten (Heirat 2016, Trennung 2022, Scheidung 2024) wurde geschieden.
  • Im Scheidungsverfahren war auch der Versorgungsausgleich zu regeln.
  • Es lagen diverse Renten- und Zusatzversorgungsanrechte vor (DRV Bund, DRV Ost, VBL, KZVK, ERGO).
  • Das AG Fulda hatte bestimmte Anrechte geteilt, andere wegen Geringfügigkeit nicht ausgeglichen.

Beschwerden:

  • DRV Berlin-Brandenburg rügte, dass die Anrechte (EP und EP Ost) fälschlich getrennt betrachtet wurden.
  • VBL beanstandete, dass ihrerseits ein Ausgleich vorgenommen wurde, obwohl Gleichartigkeit mit KZVK-Anrechten der Ehefrau bestünde und die Differenz geringfügig sei.

Entscheidungsgründe:

1. Gleichartigkeit von Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost):

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BGH: Erwachsenenadoption trotz späterem Wegfall der Geschäftsfähigkeit zulässig – Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Antragstellung

Quelle: Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 04.06.2025 – XII ZB 320/23

Kernaussage:
Bei einer Erwachsenenadoption ist es nicht schädlich, wenn der Annehmende nach der wirksamen Antragstellung seine Geschäftsfähigkeit verliert, solange er zum Zeitpunkt der notariell beurkundeten Antragstellung uneingeschränkt geschäftsfähig war. Die Geschäftsfähigkeit muss jedoch positiv festgestellt werden.

Sachverhalt:

  • Zwei ältere Eheleute (geb. 1936) beantragten am 29.4.2022 notariell gemeinsam mit dem volljährigen Anzunehmenden (geb. 1970) dessen Adoption.
  • Der Antrag wurde am 20.5.2022 beim Gericht eingereicht.
  • Der annehmende Ehemann konnte bei der Anhörung am 25.11.2022 nicht mehr sinnvoll zur Adoption befragt werden.
  • Das AG und das OLG lehnten die Adoption ab – wegen Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Annehmenden.
  • Der BGH hob den OLG-Beschluss auf, da dieser rechtsfehlerhaft war.

Rechtliche Würdigung durch den BGH:

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BGH: Inhaltskontrolle von Ehevrträgen bei Unternehmerehe

Quelle: Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.05.2025 – XII ZB 395/24

Kernaussage:

Ein Ehevertrag in einer Unternehmerehe, der Gütertrennung und bestimmte Unterhaltsregelungen vorsieht, ist nicht sittenwidrig i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB, wenn keine einseitige Lastenverteilung ohne Ausgleich vorliegt und keine subjektive Imparität (z. B. Zwangslage oder Abhängigkeit) festzustellen ist.

Sachverhalt:

  • Ehevertrag vom 03.12.2010:
    • Gütertrennung,
    • modifizierter nachehelicher Unterhalt (mind. 3.300 €/Monat, später 5.000 €/Monat),
    • kein Versorgungsausgleich geregelt,
    • gegenseitiger Verzicht auf Erb- und Pflichtteilsrechte.
  • Die Frau war bei Vertragsschluss Unternehmensberaterin und GmbH-Geschäftsführerin (4.200 € brutto/Monat).
  • Der Mann war als Unternehmer in die Familienunternehmen eingebunden, deren Gesellschaftsverträge Gütertrennung vorschreiben.
  • Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.
  • Im Zuge des Scheidungsverfahrens verlangte die Frau Zugewinnausgleich, der vom Familiengericht und später von OLG und BGH abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung durch den BGH:

1. Maßstab der Inhaltskontrolle (§ 138 Abs. 1 BGB):

Ein Ehevertrag ist sittenwidrig, wenn er schon bei Abschluss eine offenkundig einseitige Lastenverteilung im Scheidungsfall bewirkt, ohne ausreichende Gegenleistung oder Rechtfertigung (z. B. familiäre Interessen, legitime Vermögenssicherung).

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OLG Stuttgart: Versorgungsausgleich darf bei EDV-Eingabefehlern berichtigt werden

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12.05.2025 – 6 F 387/21

Sachverhalt
Das Amtsgericht Aalen schied 2024 eine Ehe und regelte den Versorgungsausgleich. Dabei wurden in das EDV-Programm („WinFam“) bei mehreren Anrechten des Ehemannes fehlerhaft die Werte „0“ statt der tatsächlichen Ausgleichswerte eingegeben. Nach Hinweis eines Versorgungsträgers stellte das Gericht den Fehler fest und berichtigte den Beschluss. Gegen diesen Berichtigungsbeschluss legte der Ehemann sofortige Beschwerde ein, da er die Voraussetzungen des § 42 FamFG für nicht erfüllt hielt.

Entscheidung des OLG Stuttgart

  • Die Beschwerde ist teilweise unzulässig (soweit der Ehemann durch die Berichtigung nicht beschwert ist) und im Übrigen unbegründet.
  • Die Berichtigung nach § 42 FamFG ist zulässig, weil es sich um „offenbare Unrichtigkeiten“ handelt: Offensichtliche Eingabefehler im Berechnungsprogramm, die nicht auf einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung oder Willensbildung des Gerichts beruhen.
  • Maßgeblich ist, dass für alle Beteiligten aus den Verfahrensakten objektiv erkennbar war, dass die eingegebenen Werte falsch waren (0 Euro statt hoher mitgeteilter Ausgleichswerte).
  • Solche EDV-Eingabefehler stehen nicht im inneren Zusammenhang mit der gerichtlichen Entscheidungsfindung, sondern beruhen auf reiner Unachtsamkeit. Daher ist eine Berichtigung möglich.
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BGH: Angemessener Selbstbehalt beim Elternunterhalt

Quelle: Beschluss des Budnesgerichtshofs vom 07.05.2025 – XII ZB 563/24

Sachverhalt:

Ein Sozialhilfeträger (Antragstellerin) fordert vom unterhaltspflichtigen Sohn (Antragsgegner) Elternunterhalt i.H.v. rund 6.200 €, nachdem er für dessen Mutter (geb. 1937) im Jahr 2020 Pflegeleistungen nach dem SGB XII erbracht hatte. Der Antragsgegner verdiente im Jahr 2020 rund 118.000 €, seine Ehefrau ähnlich viel. Eine volljährige Tochter lebte im gemeinsamen Haushalt. Zwei Geschwister des Antragsgegners wurden vom Träger nicht in Anspruch genommen.

Verfahrensgang:

  • Amtsgericht: weist Antrag ab.
  • Oberlandesgericht: gibt Antrag statt.
  • BGH: bestätigt das OLG – die Rechtsbeschwerde bleibt erfolglos.

Kernaussagen und Argumentation des BGH:

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OLG Frankfurt: Gleichartigkeit von VBL- und KZVK-Anrechten im Versorgungsausgleich

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 25.04.2025 – 7 UF 127/24

Leitsätze (zusammengefasst):

  1. Anrechte gleicher Art (§ 18 Abs. 1 VersAusglG) sind vor der Saldierung zu addieren.
  2. VBL- und KZVK-Anrechte sind gleichartig, auch bei unterschiedlicher steuerlicher Behandlung in der Leistungsphase.
  3. Für die Bagatellprüfung ist der korrespondierende Kapitalwert ohne Teilungskosten heranzuziehen.

Sachverhalt:

  • Ehe von Juli 2012 bis Januar 2023.
  • Beide Ehegatten erwarben während der Ehezeit Anrechte bei verschiedenen Versorgungsträgern:
    • Antragstellerin: VBL (4.024,07 €), KZVK (4.742,51 €)
    • Antragsgegner: VBL (10.023,07 €), RZVK (1.908,18 €), private Vorsorge (700 € + 1.671,50 €)
  • AG Kassel hatte nur zwei Anrechte geteilt, andere wegen Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 2 VersAusglG) unberücksichtigt gelassen.
  • Die VBL, die KZVK und die Antragstellerin legten Beschwerde ein, v.a. wegen unterlassener Prüfung der Gleichartigkeit.

Kernpunkte der Entscheidung:

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OLG Braunschweig: Auswirkungen der Mitbetreuung beim Kindesunterhalt

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 04.04.2025 – 1 UF 136/24

Sachverhalt:

Die Eltern streiten über die Höhe des Kindesunterhalts für ihre drei minderjährigen Kinder, die überwiegend bei der Mutter leben. Der Vater betreut die Kinder regelmäßig von Mittwoch bis Montag (in jeder ungeraden Woche) sowie zur Hälfte der Schulferien – dies entspricht mehr als einem Drittel der Gesamtzeit. Er zahlt seit Jahren 100 % des Mindestunterhalts abzüglich hälftigen Kindergeldes.

Das Amtsgericht hatte ihn zur Zahlung von 115 % des Mindestunterhalts rückwirkend ab Januar 2020 verpflichtet. Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein.

Kernaussagen des Beschlusses:

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