OLG Karlsruhe: Private Krankenversicherungen dürfen die Kostenerstattung für künstliche Befruchtung nicht auf verheiratete Paare beschränken

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13.10.2017

Urteil vom 13.10.2017 – 12 U 107/17

Kurzbeschreibung:

Die Klägerin ist bei der Beklagten privat krankenversichert. Sie fordert die Erstattung von Maßnahmen zur In-vitro-Befruchtung. Die Klägerin kann zwar auf natürlichem Wege schwanger werden, sie leidet jedoch an einer chromosomalen Veränderung aufgrund derer die Wahrscheinlichkeit für eine intakte Schwangerschaft bzw. für ein gesundes Kind bei unter 50 Prozent liegt.

Die Beklagte übernimmt laut ihren Versicherungsbedingungen Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung aufgrund von organisch bedingter Sterilität für insgesamt drei Behandlungsversuche bei hinreichender Erfolgsaussicht. Allerdings besteht der Anspruch laut den Versicherungsbedingungen nur, wenn die versicherte Person verheiratet ist und ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden. Die Klägerin ließ vor ihrer Heirat einen Versuch zur künstlichen Befruchtung mit In-vitro-Fertilisation einschließlich von Behandlungsmaßnahmen zum Ausschluss genetischer Schädigungen durchführen. Weiterlesen

BGH: Frau-zu-Mann-Transsexueller gilt rechtlich als Mutter eines von ihm geborenen Kindes

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 148/2017 vom 25.09.2017

Beschluss vom 6. September 2017 – XII ZB 660/14

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Frau-zu-Mann-Transsexueller, der nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Änderung seiner Geschlechtszugehörigkeit ein Kind geboren hat, im Rechtssinne als Mutter des Kindes anzusehen ist.

Sachverhalt:

Der Beteiligte zu 1 ist transsexuell. Er wurde im Jahr 1982 als Kind weiblichen Geschlechts geboren; ihm wurden die weiblichen Vornamen „B.D.“ erteilt. Im November 2008 schloss der Beteiligte zu 1 die Ehe mit einem Mann. Im Jahr 2010 wurden die Vornamen des Beteiligten zu 1 durch gerichtliche Entscheidung in die männlichen Vornamen „O.G.“ geändert. Im April 2011 wurde durch eine weitere gerichtliche Entscheidung festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Die Ehe des Beteiligten zu 1 wurde im Februar 2013 rechtskräftig geschieden. Im März 2013 gebar der Beteiligte zu 1 das betroffene Kind. Er hat hierzu vorgebracht, nach Zuerkennung des männlichen Geschlechts die Hormone abgesetzt zu haben und wieder fruchtbar geworden zu sein. Das Kind sei durch eine Samenspende („Bechermethode“) entstanden; mit dem Samenspender sei vereinbart worden, dass dieser nicht rechtlicher Vater des Kindes werde. Weiterlesen

OLG Frankfurt: für strenge Prüfung der Testierfähigkeit beim Verdacht chronischer Wahnvorstellungen

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19.09.2017

Beschluss vom 17.8.2017 – Az. 20 W 188/16

Setzt eine Erblasserin, die zu Lebzeiten unter Bestehlungsängsten litt und deshalb Detektive beschäftigte, diese Detektive als ihre Erben ein, ist konkret zu prüfen, ob die Erblasserin infolge krankhafter Wahnvorstellungen testierunfähig war. Dies stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit einem heute veröffentlichten Beschluss klar.

Die Beteiligten streiten über die Testierfähigkeit einer kinderlos und verwitwet verstorbenen Erblasserin. Die Beschwerdeführer sind entfernte Verwandte der Erblasserin und mögliche gesetzliche Erben. Die  Erblasserin setzte die mit ihr nicht verwandten Beschwerdegegner als ihre Erben ein. Ihr Testament begann mit den Worten: „Mein Testament! Ich bin im vollen Besitz meiner geistigen Kräfte. Mein letzter Wille“ und endete mit dem nicht unterschriebenen Zusatz: „Mein letzter Wille! Die Verwandtschaft soll nichts mehr erhalten.“ Weiterlesen

EUGH: Nach Ansicht von Generalanwalt Saugmandsgaard Øe fallen private Scheidungen nicht in den Anwendungsbereich der Rom III-Verordnung

Quelle: Pressemitteilung Nr. 98/2017 vom 14.09.2017 des Gerichtshof der Europäischen Union

Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-372/16 Soha Sahyouni / Raja Mamisch

Jedenfalls darf eine solche Scheidung nach dieser Verordnung über das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht nicht als rechtswirksam anerkannt werden, wenn das maßgebliche ausländische Recht diskriminierend ist.

Herr Raja Mamisch und Frau Soha Sahyouni, die gleichzeitig die syrische und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, leben derzeit in Deutschland.

Nachdem Herr Mamisch 2013 erklärt hatte, sich scheiden lassen zu wollen, sprach sein Bevollmächtigter vor einem geistlichen Gericht in Syrien die Scheidungsformel aus und dieses stellte die Scheidung der Ehegatten fest. Es handelt sich um eine „private“ Ehescheidung, da sie nicht auf einer konstitutiven Entscheidung eines Gerichts oder einer anderen Behörde, sondern auf einer – in diesem Fall einseitigen – Willenserklärung der Ehegatten beruht, an die sich ein rein deklaratorischer Akt einer ausländischen Behörde anschließt. In weiterer Folge unterzeichnete Frau Sahyouni eine Erklärung, in der sie bestätigte, dass sie alle Leistungen erhalten habe, die ihr nach den religiösen Vorschriften aus dem Ehevertrag und aufgrund der auf einseitigen Wunsch ihres Ehegatten erfolgten Scheidung zustanden, und somit ihren Ehegatten von allen seinen Verpflichtungen ihr gegenüber entband. Weiterlesen

OLG Köln: Ein Nottestament vor drei Zeugen ist unwirksam, wenn der Sohn der als Alleinerbin eingesetzten Begünstigten daran mitwirkt

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Köln vom 29.08.2017

Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 05.07.2017 – 2 Wx 86/17

Der für Nachlasssachen zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hatte über die Erbfolge eines im Alter von 84 Jahren in einem Kölner Krankenhaus verstorbenen Kölners zu entscheiden. Wenige Stunden vor seinem Tod waren vier Personen ans Sterbebett gekommen. Drei von ihnen hielten in einer Niederschrift fest, dass nach dem letzten Willen die Lebensgefährtin Alleinerbin werden solle. Der Kranke sei mit diesem Nottestament einverstanden, habe aber keine Kraft mehr, es zu unterschreiben. Unter den Zeugen war auch der Sohn der Lebensgefährtin. Die Lebensgefährtin beantragte unter Vorlage dieses Dokuments einen Erbschein. Die ohne dieses Testament erbberechtigten Nichten und Neffen des Verstorbenen haben sich dagegen vor Gericht gewehrt. Weiterlesen

BMFSFJ: Zum 1. Juli 2017 wurde der Unterhaltsvorschuss ausgeweitet: Unter bestimmten Voraussetzungen besteht bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ein Anspruch

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.08.2017

Alleinerziehende erziehen ihre Kinder meist unter erschwerten Bedingungen. Die Situation verschärft sich noch, wenn das Kind keinen oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil erhält oder dieser nicht rechtzeitig gezahlt wird. Diese besondere Lebenssituation soll mit der Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erleichtert werden

Wer erhält Unterhaltsvorschuss?

Weiterlesen

BFH: Scheidungskosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar

Quelle: Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs Nr. 53 vom 16.08.2017

Urteil vom 18.05.2017 – VI R 9/16

Scheidungskosten sind anders als nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund einer seit dem Jahr 2013 geltenden Neuregelung nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Mit Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Kosten eines Scheidungsverfahrens unter das neu eingeführte Abzugsverbot für Prozesskosten fallen. Weiterlesen

BVerfG: Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung in Mecklenburg-Vorpommern

Quelle: Pessemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 71/2017 vom 16.08.2017

Beschluss vom 19.07.2017 – 2 BvR 2003/2014

Die vom Bundesverfassungsgericht zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelten Maßgaben können auch auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung übertragen werden. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss bekräftigt und die Rechtsgrundlage für die medizinische Zwangsbehandlung im Psychischkrankengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der bis zum 30. Juli 2016 gültigen Fassung für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt. Weiterlesen

BFH: Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

Quelle: Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs Nr. 51 vom 09.08.2017

Urteil vom 10.05.2017 – II R 25/15

Verzichtet ein gesetzlicher Erbe gegen eine von seinen Geschwistern zu zahlende Abfindung auf seinen Pflichtteilsanspruch, ist künftig danach zu unterscheiden, ob der Verzicht bereits zu Lebzeiten oder erst nach dem Tod des Erblassers vereinbart wird. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 10. Mai 2017 II R 25/15 unter Aufgabe bisheriger Rechtsprechung entschieden hat, unterliegt der Verzicht zwischen Geschwistern zu Lebzeiten des Erblassers nunmehr der Steuerklasse II, so dass die für den Steuerpflichtigen günstigere Steuerklasse I dann nur noch bei einem Verzicht nach dem Tod des Erblassers anzuwenden ist. Weiterlesen

OLG Stuttgart zum Kindes­un­terhalt: Verschärfte Haftung kann entfallen

Quelle: Arbeits­ge­mein­schaft Famili­en­recht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV)

Oberlandesgericht Stuttgart vom 03.08.2017 – 16 UF 118/17

(DAV). Wer einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist, muss für den Kindesunterhalt in der Regel verschärft haften. Das bedeutet, er muss alle seine Mittel einsetzen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Etwas Anderes kann sich ergeben, wenn der andere Elternteil erheblich mehr verdient.

Voraus­setzung ist dabei, dass der unter­halts­pflichtige Elternteil in seinen Möglich­keiten beschränkt ist und dem anderen neben der Betreuung und dem Barun­terhalt auch noch ein angemes­sener Eigen­betrag bleibt. Dann reicht es aus, dass derjenige, der Unterhalt zahlen muss, dies nur mit dem Einkommen tut, das ihm nach seinem Selbst­behalt bleibt. Weiterlesen