OLG Zweibrücken: Behält sich der Erblasser und Schenker ein Nutzungs- und Rückforderungsrecht an dem geschenkten Grundeigentum vor, hindert dies nicht stets den Lauf der Zehnjahresfrist, nach der eine Schenkung bei der Nachlassverteilung nicht mehr zu berücksichtigen ist

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 05.10.2020 – Urteil vom 01.09.2020 – 5 U 50/19

Der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden, dass die Zehnjahresfrist, nach deren Ablauf Schenkungen des Erblassers nicht mehr zugunsten der sonstigen Pflichtteilsberechtigten berücksichtigt werden, auch bei einer Übertragung an den Beschenkten unter Vorbehalt eines Benutzungs- und Rückforderungsrechtes zugunsten des Schenkers zu laufen beginnen kann.

Beide Parteien des Rechtsstreits sind gesetzliche Erben der Erblasserin. Der Kläger ist der Enkel der Erblasserin, sein Vater ist vorverstorben. Der Beklagte ist der Sohn der Erblasserin und der Onkel des Klägers. Die Erblasserin hat 12 Jahre vor ihrem Tod dem Beklagten ihr Haus übertragen, sich aber notariell ein Wohnrecht, ein Nutzungsrecht und eine Rückübertragungsverpflichtung vorbehalten. Der Kläger hat mit seiner Klage in der Hauptsache seinen Anteil aus dem Wert des Hauses in Höhe von 53.333,33 € mit der Begründung verlangt, die Zehnjahresfrist habe wegen der vorbehaltenen Rechte der Erblasserin bei der Übertragung nicht zu laufen begonnen.

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FG Münster: Vorbehaltene Zins- und Tilgungsleistungen mindern den Wert eines Nießbrauchsrechts nicht

Quelle: Pressemitteilung des Finanzgerichts Münster Nr. 17/2020 vom 01.10.2020 – Urteil vom 27.08.2020 – 3 K 722/16 Erb

Bei einer Grundstücksübertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch mindern die vom Nießbraucher weiterhin persönlich zu tragenden Zins- und Tilgungsleistungen nicht den nach § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigenden Wert des Nießbrauchsrechts. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 27.08.2020 (Az. 3 K 722/16 Erb) entschieden.

Der Kläger hatte von seiner Mutter deren vermieteten Grundbesitz im Wege der Schenkung erhalten, wobei sich seine Mutter ein lebenslängliches und unentgeltliches Nießbrauchsrecht vorbehalten hatte. Die auf dem Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten übernahm der Kläger nur mit dinglicher Wirkung. Persönliche Schuldnerin blieb seine Mutter, die die Zins- und Tilgungszahlungen für die Verbindlichkeiten weiter leistete. In seiner Schenkungsteuererklärung zog der Kläger den Nießbrauch erwerbsmindernd ab. Das Finanzamt war der Auffassung, dass das Nießbrauchsrecht zwar grundsätzlich abzugsfähig sei, bei der Ermittlung des abzuziehenden Betrages aber die weiterhin von der Mutter des Klägers zu leistenden Zins- und Tilgungszahlungen zu berücksichtigen seien und deshalb der Nießbrauch nur mit einem entsprechend niedrigeren Wert abzugsfähig sei, wodurch sich der zu zahlende Steuerbetrag entsprechend erhöhte.

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OLG Köln: Ohne Unterschrift geht’s nicht – Änderungen eines Testaments bedürfen immer der Unterschrift

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Köln vom 24.09.2020 – Beschlus vom 22.07.2020 – 2 Wx 131/20

Zwar können Änderungen eines Testaments grundsätzlich auch auf der Kopie des eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments vorgenommen werden. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass auch die Änderungen mit einer Unterschrift des Erblassers versehen sind. Das hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Beschluss vom 22.07.2020 entschieden.

Die Erblasserin hatte zunächst gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Erbvertrag geschlossen, mit dem sie sich gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben einsetzten. Nach dem Tod ihres Ehemannes verfasste sie außerdem ein handschriftliches Testament mit verschiedenen Regelungen zugunsten ihrer Söhne. Dieses Testament wurde im Original auf Veranlassung der Erblasserin in einem Bankschließfach verwahrt, während sie in ihrer Wohnung Kopien aufbewahrte. Auf einer der Kopien nahm die Erblasserin zwei handschriftliche Ergänzungen bzw. Streichungen vor. Die erste Änderung versah sie mit Datum und Unterschrift, bei der zweiten Änderung hingegen fehlt eine Unterschrift.

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BGH: Zur Auslegung eines Urteils, das die Betreiberin eines sozialen Netzwerks verpflichtet, den Erben der Berechtigten eines Benutzerkontos Zugang zum vollständigen Konto zu gewähren

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 119/2020 vom 09.09.2020 – Beschluss vom 27.08.2020 – III ZB 30/30

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Betreiberin eines sozialen Netzwerks, die verurteilt worden ist, den Erben einer Netzwerk-Teilnehmerin Zugang zu deren vollständigen Benutzerkonto zu gewähren, den Erben die Möglichkeit einräumen muss, vom Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Weise Kenntnis zu nehmen und sich – mit Ausnahme einer aktiven Nutzung – darin so „bewegen“ zu können wie zuvor die ursprüngliche Kontoberechtigte.

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BGH: Erbin des Altkanzlers Kohl kann Auskunft über Verbleib der Vervielfältigungen von Tonbändern verlangen, nicht dagegen hinsichtlich weiterer Unterlagen

Quelle: Pressemitteilung des bundesgerichtshofs Nr. 116/20 – Urteil vom 03.09.2020 – III ZR 136/18

Der unter anderem für das Auftragsrecht zuständige III. Zivilsenat hat entschieden, dass der Erbin des früheren Bundeskanzlers und vormaligen Klägers Dr. Helmut Kohl Auskunft über die Existenz und den Verbleib der Vervielfältigungen von Tonbandaufzeichnungen zu erteilen ist, der Auskunftsanspruch hinsichtlich weiterer Unterlagen indes verjährt ist.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

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BMJV: Reform des Versorgungsausgleichsrechts vorgelegt

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 02.09.2020

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts

Der Referentenentwurf sieht im Wesentlichen folgende Änderungen vor:

  • Der Versorgungsträger kann nach den §§ 14, 17 des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG) einseitig die externe Teilung eines Anrechts nur verlangen, wenn bestimmte Wertgrenzen nicht überschritten werden. Für die Einhaltung der Wertgrenzen wird nach geltender Rechtslage jedes Anrecht gesondert betrachtet. Der Entwurf schlägt hier eine Gesamtbetrachtung vor, wenn der ausgleichspflichtigen Person bei einem Versorgungsträger der betrieblichen Altersversorgung mehrere Anrechte zustehen.
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OLG Düsseldorf: Lügde-Untersuchungsausschuss: Mitarbeiterinnen des Jugendamts dürfen Aussage nicht gänzlich verweigern

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Düsseldorf Nr. 28/2020 vom 21.08.2020 – Beschlüsse vom 21.08.2020 ErmRi Gs 49/20 und ErmRi Gs 50/20

Der Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Ingo Rottländer, hat am 21. August 2020 ein Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 150 EUR gegen zwei Zeuginnen festgesetzt, die vor dem Lügde-Untersuchungsausschuss jedwede Auskunft verweigert haben.

Die beiden Mitarbeiterinnen eines Jugendamtes hatten am 25. Mai 2020 erklärt, sie würden keine Fragen beantworten, weil ihnen ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zustehe. Der Ausschussvorsitzende hat darauf die Festsetzung von Zwangsmitteln beantragt (vgl. Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 26. Mai 2020).

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BGH entscheidet zur Frage der Aufhebbarkeit einer Auslandsehe mit einer bei Eheschließung 16-jährigen Ehefrau

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 108/2020 vom 14.08.2020 – Beschluss vom 22.07.2020 – XII ZB 131/20

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erneut mit dem seit dem 22. Juli 2017 geltenden Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen zu befassen. Mit Beschluss vom 14. November 2018 hatte er dem Bundesverfassungsgericht (dortiges Aktenzeichen 1 BvL 7/18) die Frage vorgelegt, ob die Qualifizierung einer unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen, bei Eheschließung noch nicht 16 Jahre alten Minderjährigen geschlossenen Ehe nach deutschem Recht ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe verfassungsgemäß ist. Nun war zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Auslandsehe einer bei Eheschließung 16, aber noch nicht 18 Jahre alten Person nach deutschem Recht aufhebbar ist. Der Bundesgerichtshof ist dabei im Wege einer sog. verfassungskonformen Auslegung zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Gericht bei der Aufhebungsentscheidung ein eingeschränktes Ermessen eingeräumt ist.

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FG Münster: Künstliche Befruchtung einer alleinstehenden Frau führt zu außergewöhnlichen Belastungen

Quelle: Pressemitteilung Nr. 14 vom 03.08.2020 – Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24.06.2020 – 1 K 3722/18 E

Kosten für die künstliche Befruchtung einer Frau können zu steuerlich abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen führen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Frau verheiratet ist oder in einer festen Beziehung lebt. Dies hat der 1. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 24. Juni 2020 (Az. 1 K 3722/18 E) entschieden.

Bei der im Streitjahr 40 Jahre alten Klägerin, die zu ihrem Beziehungsstatus keine Angaben macht, wurde eine krankheitsbedingte Fertilitätsstörung (Unfruchtbarkeit) festgestellt. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie Kosten für eine Kinderwunschbehandlung in Höhe von ca. 12.000 €, worin auch Aufwendungen für eine Samenspende enthalten sind, als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dies lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, dass solche Kosten nur bei verheirateten oder in einer festen Beziehung lebenden Frauen abzugsfähig seien.

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FG Münster: Erbschaftsteuerliche Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb bei Wohnungsunternehmen

Quelle: Pressemitteilung des Finanzgerichts Münster Nr. 13 vom 15.07.2020 – Urteil vom 25.06.2020 – 3 K 30/20 F

Die Vermietung von Wohnungen überschreitet nur dann die Grenze zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit der Folge, dass erbschaftsteuerlich kein (möglicherweise begünstigungsschädliches) Verwaltungsvermögen vorliegt, wenn neben der Überlassung der Wohnungen Zusatzleistungen erbracht werden, die das bei langfristiger Vermietung übliche Maß überschreiten und der Vermietungstätigkeit einen originär gewerblichen Charakter geben. Auf die Anzahl der gehaltenen Wohnungen kommt es nicht an. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 25.06.2020 entschieden (Az. 3 K 13/20 F).

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