OLG Zweibrücken: Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 16.05.2024 – 8 W 13/24

Kernaussage:

Das Nachlassgericht muss ein gemeinschaftliches Testament vollständig eröffnen und den Beteiligten vollständig bekannt geben, wenn die Verfügungen des überlebenden Ehegatten nicht von denen des Erstverstorbenen trennbar sind. Dies gilt insbesondere, wenn diese in „Wir-Form“ abgefasst oder mit Formulierungen wie „der Überlebende von uns“ eingeleitet sind. Ein Geheimhaltungsinteresse des überlebenden Ehegatten oder Testators ist in diesem Fall unerheblich.

Sachverhalt:

  • Die Eheleute errichteten am 23.10.2019 ein notarielles gemeinschaftliches Testament, das in amtliche Verwahrung gegeben wurde.
  • Nach dem Tod der Ehefrau (Erblasserin) beantragte der überlebende Ehemann (Beteiligter zu 1)), dass Ziffer 3 des Testaments nicht eröffnet werde, da sie ihn allein betreffe.
  • Er argumentierte, die dortigen Verfügungen seien trennbar, würden erst nach seinem Tod Wirkung entfalten und seien zudem änderbar, sodass ein Bekanntgeben derzeit unzulässig sei.

Rechtliche Würdigung:

1. Zulässigkeit der Beschwerde:

  • Obwohl es sich formal um eine Zwischenentscheidung handelte (nur Ankündigung der vollständigen Eröffnung), sei diese wegen möglicher schwerer Rechtsverletzung wie eine Endentscheidung zu behandeln und damit beschwerdefähig.

2. Kein Erfolg in der Sache:

  • Das Testament ist vollständig zu eröffnen (§ 248 Abs. 1 FamFG).
  • § 349 Abs. 1 FamFG erlaubt eine partielle Nichteröffnung nur bei trennbaren Verfügungen des Überlebenden.
  • Trennbarkeit liegt nicht vor, wenn:
    • die Verfügung in „Wir-Form“ formuliert ist,
    • mit „der Überlebende von uns“ oder ähnlichen Begriffen eingeleitet ist,
    • sie inhaltlich als gemeinschaftlicher Wille zu verstehen ist.
  • Ziffer 3 des Testaments wurde in gemeinschaftlicher Sprache abgefasst. Daher ist sie nicht trennbar.
  • Die Befugnis des überlebenden Ehegatten, die Verfügungen später zu ändern, hindert die Eröffnung nicht.
  • Die Bekanntgabe löst keine Fristen aus (z. B. für Anfechtung oder Ausschlagung nach dem Tod des überlebenden Ehegatten).

Weitere Argumente des OLG:

  • Die Eheleute hätten durch klare Formulierungen trennbare Verfügungen gestalten können, haben dies aber unterlassen.
  • Ein Geheimhaltungsinteresse – weder des Verstorbenen noch des Überlebenden – kann die gesetzliche Pflicht zur vollständigen Eröffnung nicht aufheben.

Kosten:

  • Die Beschwerde wurde zurückgewiesen; der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (§ 84 FamFG).

Fazit:

Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten, die nicht eindeutig dem Überlebenden allein zugeordnet werden können, sind untrennbar und müssen nach dem Tod eines Ehegatten vollständig eröffnet und allen Beteiligten bekannt gegeben werden. Ein subjektives Geheimhaltungsinteresse hat keine rechtliche Relevanz.