Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 25.04.2025 – 7 UF 127/24
Leitsätze (zusammengefasst):
- Anrechte gleicher Art (§ 18 Abs. 1 VersAusglG) sind vor der Saldierung zu addieren.
- VBL- und KZVK-Anrechte sind gleichartig, auch bei unterschiedlicher steuerlicher Behandlung in der Leistungsphase.
- Für die Bagatellprüfung ist der korrespondierende Kapitalwert ohne Teilungskosten heranzuziehen.
Sachverhalt:
- Ehe von Juli 2012 bis Januar 2023.
- Beide Ehegatten erwarben während der Ehezeit Anrechte bei verschiedenen Versorgungsträgern:
- Antragstellerin: VBL (4.024,07 €), KZVK (4.742,51 €)
- Antragsgegner: VBL (10.023,07 €), RZVK (1.908,18 €), private Vorsorge (700 € + 1.671,50 €)
- AG Kassel hatte nur zwei Anrechte geteilt, andere wegen Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 2 VersAusglG) unberücksichtigt gelassen.
- Die VBL, die KZVK und die Antragstellerin legten Beschwerde ein, v.a. wegen unterlassener Prüfung der Gleichartigkeit.
Kernpunkte der Entscheidung:
1. Gleichartigkeit von VBL und KZVK:
- Beide sind Pflichtversorgungen des öffentlichen bzw. kirchlichen Dienstes.
- Satzungen, Finanzierung (Umlageverfahren), Leistungsspektrum und Wertentwicklung weitgehend identisch.
- Zwischen VBL und KZVK besteht ein Anerkennungsabkommen – strukturelle Gleichheit liegt vor.
➤ Steuerliche Unterschiede irrelevant:
- Ob Renten später nachgelagert oder mit Ertragsanteil besteuert werden, ist nicht entscheidend, da:
- steuerliche Belastung individuell variiert (Grundfreibeträge, andere Einkünfte),
- diese keine wertbildende Eigenschaft des Anrechts ist,
- eine differenzierende Betrachtung dem Vereinfachungszweck des § 18 VersAusglG widersprechen würde.
2. Bagatellgrenze:
- Differenz zwischen VBL-Anrecht (Ehemann) und summierten VBL- & KZVK-Anrechten (Ehefrau):
→ 10.023,07 € – (4.024,07 € + 4.742,51 €) = 1.256,49 € - Diese Differenz liegt unterhalb der Bagatellgrenze von 4.074 € (§ 18 Abs. 1 S. 2 VersAusglG).
- RZVK-Anrecht (1.908,18 €) ist ebenfalls für sich geringfügig, selbst bei Einbeziehung wäre die Differenz (≈ 3.165 €) noch unterhalb der Grenze.
➤ Konsequenz:
- Kein Versorgungsausgleich bei allen vier Zusatzversorgungsträgern.
3. Formale Anforderungen:
- Maßgeblich ist der korrespondierende Kapitalwert vor Abzug der Teilungskosten (§ 47 Abs. 4 S. 2 VersAusglG).
- Addition mehrerer gleichartiger Anrechte zulässig und geboten.
- Verwaltungseffizienz geht in Bagatellfällen vor Halbteilungsgrundsatz, wenn keine existenzielle Bedürftigkeit beim Ausgleichsberechtigten.
4. Ermessensausübung nach § 18 VersAusglG:
- Antragstellerin ist akademisch tätig, nicht rentennah, daher nicht auf kleine Ausgleichswerte angewiesen.
- Ein Ausgleich hätte Aufwand bei vier Trägern erzeugt.
- Saldo aus Bagatellanrechten hätte Grenze von 4.074 € nur leicht überschritten, was dennoch die Ablehnung rechtfertigt.
- Ziel: Verwaltungsvereinfachung und Entlastung der Versorgungsträger bei geringem Ausgleichswert..
Ergebnis:
- Der Senat hebt den AG-Beschluss teilweise auf und bestimmt:
- Kein Ausgleich der VBL- und KZVK-Anrechte.
- Auch kein Ausgleich der beiden privaten Rentenversicherungen.
- Versorgungsausgleich insgesamt neu gefasst.
- Rechtsbeschwerde zugelassen wegen abweichender OLG-Entscheidung (Frankfurt 2022).