OLG Oldenburg: Kinder haften nicht in jedem Fall für ihre Eltern

Quelle: Pressemitteilung Nr. 10/2017 des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 04.01.2017

Beschluss des OLG Oldenburg vom 04.01.2017 – 4 UF 166/15

Manchmal sind nicht nur Kinder auf Unterhaltszahlungen ihrer Eltern angewiesen.
In späteren Jahren kann es auch umgekehrt sein und ein erwachsenes Kind muss
für den Unterhalt eines bedürftigen Elternteils aufkommen. Dies gilt aber nicht in jedem
Fall.

Der 4. Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat jetzt in einem Fall eine Unterhaltsverpflichtung
der erwachsenen Tochter verneint.
Eine Unterhaltsverpflichtung des erwachsenen Kindes entfalle, wenn der bedürftige
Elternteil seine eigene, frühere Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind gröblich
vernachlässigt habe und eine Inanspruchnahme insgesamt grob unbillig erscheine.
Dies sei vorliegend der Fall. Der Vater habe über sechs Jahre lang gar nichts für die
damals noch bedürftige Tochter gezahlt, obwohl er in der Lage gewesen wäre, einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Der Vater habe darüber hinaus bei der Trennung von der Mutter per Einschreiben
mitgeteilt, dass er von seiner alten Familie nichts mehr wissen wolle. Ein solcher
Kontaktabbruch stelle eine weitere grobe Verfehlung gegenüber der Tochter und eine
Verletzung der väterlichen Pflicht zu Beistand und Rücksicht dar. Der Kontaktabbruch
sei auch nachhaltig gewesen. Allein die Einladung der Tochter zur neuen
Hochzeit des Vaters und ein einmaliger Besuch der Tochter bei einem Krankenhausaufenthalt
des Vaters führten noch nicht zu einer Wiederherstellung eines Vater-Tochter-Verhältnisses.

Zwar stelle ein Kontaktabbruch nicht regelmäßig eine grobe Verfehlung dar, die zu
einem Verlust des Unterhaltsanspruchs führe. Vorliegend komme aber neben den
Kontaktabbruch noch die grobe Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind
hinzu. Die Tochter habe als Kind nicht nur wirtschaftlich schlecht dagestanden. Sie
habe auch die emotionale Kälte des Vaters durch den Kontaktabbruch erfahren müssen.
Beides zusammen führe dazu, dass die Tochter als Erwachsene jetzt nicht mehr
für den Vater einstehen müsse.